[Die Rezension wurde von Helmuth Schönauer hier veröffentlicht.]
Die tapfersten Heldinnen sind jene, von denen man öffentlich kaum etwas weiß und die dennoch mit unendlicher Geduld und überirdischer Zähigkeit durchhalten und ihr Leben irgendwie über die Runden bringen.
In Eva Jancaks Roman Und trotzdem kreisen drei Schicksalsgenossinnen durch das irdische Dasein, sie haben nur peripher miteinander zu tun, verbunden sind sie freilich durch den protokollartigen Stil, mit dem ihr Leben für diesen Text aufgezeichnet sind. In einer Präambel gibt die Autorin quasi als Regieanweisung für die Lektüre an.
Ich beschreibe in diesem Text einige wahre Begebenheiten, die Handlung habe ich erfunden.
Als Protagonistinnen treten im Text drei Zustände auf, die von den Trägerinnen durch den Alltag getragen werden müssen.
Helga hat gerade die Diagnose Krebs über den Kopf gestülpt bekommen, sie fällt ins Bodenlose, fängt sich aber dann durch Therapie und sorgfältige Lebenslust. Ihr Trotzdem mündet in eine Art Romantik, sie tritt mit dem Fahrrad eine Reise ans Ende der Donau an, wo sie im Delta im Hotel eines Freundes absteigen will.
Ludmilla ist mit Depression geschlagen, sie ist lebensunlustig und inaktiv, gerade noch kann sie beobachten, wie andere in Aktivität aufgehen. Zum Beispiel ihr Vater, der mit achtzig Jahren noch einmal ein Haus baut, sich vöbllig irr an der Baustelle zu schaffen macht und als Sinn die Parole ausgibt, dass darin vielleicht sein Pflegepersonal wohnen wird, wenn schon die eigenen Nachkommen sich nicht um ihn k¨mmern.
Martha schließlich wird von inneren Stimmen heimgesucht. Sie hat allmählich gelernt, diese Stimmen mit einem eigenen Sound zu überspielen, wenn es zu einer Attacke kommt, wird sie schnell den I-Pod anwerfen und etwas darüber spielen.
Während man als Leser langsam die Bürden der Figuren aufgeladen bekommt, läuft im Roman scheinbar alles unscheinbar normal ab. Die Fahrrad-Reise ist schön und anstrengend, die diversen Therapie-Stunden fördern die eine oder andere Kleinigkeit zu Tage und lindern die Tageslast für einige Stunden, die Rituale zwischen Verwandten und Bekannten sind meist nervig, denn höchst selten findet eine hilfreiche Kommunikation statt.
Obwohl die Schicksale fett, deprimierend schwer und alles andere als fröhlich auf den Figuren lasten, beeindruckt gerade die Widerstandskraft, die diese Figuren entwickeln. Vielleicht ist der Sinn des Lebens tatsächlich als Antimaterie ausgebildet und tritt in Form von Zähigkeit und Widerstand allmählich zu Tage. Die diversen Therapien und Beschäftigungsstrategien sind wertvolle Bausteine, aber sie sind nicht das alleinseligmachende Mittel.
Eva Jancaks Roman ist letztlich eine große Ermunterung, nicht nur durchzuhalten sondern darin auch noch jenen sachten Glanz aufzuspüren, der selbst die schwersten Tage beleuchtet.
Helmuth Schönauer 28-02-2009