[Die Rezension wurde von Janko Ferk hier veröffentlicht.]
Die Geschichte des "Sophie"-Romans ist schnell erzählt. Sophie Hungers ist Lektorin und arbeitet freiberuflich. Die so genannte Wirtschaftskrise trifft auch sie. Ihre "unverbindliche Mitarbeit" wird vom Chef, der seine angeschlagene Firma retten will, "vorläufig beendet", nicht ohne eine großspurige Versicherung: "Wenn die Konjunktur besser wird, werde ich mich wieder melden!" Natürlich drückt er Sophie Hungers zum Schluss die Hand.
Die Lektorin beschließt, um nicht in einen depressiven Stillstand zu verfallen, die persönliche und die allgemeine Wirtschaftskrise in einer Art literarischem Winterschlaf zu verbringen. Sie plant, in dieser Ruhezeit alle Bücher zu lesen, für die sie sich bisher keine Zeit genommen hat. Liest sie nicht, geht sie spazieren und macht interessante Bekanntschaften.
Eine der Bekanntschaften ist Felix Braun, ein Postbeamter, der im Umschulungscenter die Zeit totschlägt, eine andere Hertha Werner, eine Pensionistin, die sich bis zur Erschöpfung für ihre auseinanderbrechende Kleinfamilie verausgabt.
Die LeserInnen sollten selbst herausfinden, was die erwähnten Protagonisten zusammenführt. Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise entspinnt sich ein Kaleidoskop von Begegnungen und Schicksalen und eine leise und ungewöhnliche Liebesgeschichte.
Der Inhalt ist tatsächlich interessant und hat das Zeug zum Spannenden. Man merkt, dass die Autorin eine erfahrene Psychologin und Psychotherapeutin ist, die aus dem Leben berichtet. Der Roman ist allerdings vor Schwere fast überladen und hat Stoff für mehr als nur ein Buch.
Die Fragestellungen zum Roman müssen jedoch beim Stichwort Lektorin anfangen. Dieses Buch hungert nach ihr. Doch nicht nur nach einem fähigen Lektorat.
Die bibliographischen Angaben sind schlicht mangelhaft und die Paginierung unrichtig. Die tatsächliche Seite 9, auf der der Text anfängt, ist in der "Krisenwelt" die Seite 1. Und so weiter. Das würde man in Kauf nehmen.
Nicht so gern nimmt man es hin, dass die interessante Geschichte zu unbekümmert erzählt wird, das heißt, zu einfach und zu linear. Die Figuren sind zu wenig genau gezeichnet. Sie sind gleichsam fleisch- und gesichtslos. Die verschiedenen Erzählebenen wären ein kunstvoller Einfall, wenn die Autorin sich die Mühe gemacht hätte, sie letztlich zusammenzuführen, was in einem österreichischen Roman zuletzt Lilian Faschinger mit "Paarweise. Acht Pariser Episoden" (Kiepenheuer & Witsch, 2002) beispielhaft gelungen ist. Auch Eva Jancak kann mehr.
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Wahrscheinlich sind die vorsichtig aufgezeigten Kinderkrankheiten dieses Bandes eine Immanenz der Bücher aus Selbstzahlerverlagen. Eva Jancak hat in der Vergangenheit schon bewiesen, dass sie es kann, nämlich, wie gesagt, mehr, ist sie doch Autorin von Sachbüchern im Fischer Taschenbuch und Orac Verlag.
Inhaltlich halte ich mich an Eva Jancak, die mit ihrem Buch sagen will, dass die Krise und das Leben zu bewältigen sind.
Janko Ferk
3. August 2010